Kernkraftwerk: Energieerzeugung durch Kernspaltung

Kernkraftwerk: Energieerzeugung durch Kernspaltung
Kernkraftwerk: Energieerzeugung durch Kernspaltung
 
Auch Kernkraftwerke sind thermische Kraftwerke, die sich aber von anderen Wärmekraftwerken durch den Brennstoff unterscheiden: Statt der sonst verwendeten fossilen Brennstoffe wie Kohle oder Erdöl ist es hier Uran oder ein anderer Kernbrennstoff. Bei der Kernspaltung wird die Kernbindungsenergie im Reaktor freigesetzt. Mit dieser Wärme kann man Dampf erzeugen, der dann Turbinen und Generatoren zur Stromerzeugung antreibt. Ein Kernkraftwerk gliedert sich in einen Anlagenteil mit konventioneller Technik sowie den Nuklearteil mit dem Reaktor. Das Reaktorgebäude enthält auch die Strahlenschutz- und Sicherheitseinrichtungen wie den Reaktordruckbehälter, die Rückhalteanlagen zur Verminderung der Aktivität abgebrannter Brennstäbe und den gas- und druckfesten Sicherheitsbehälter (Containment).
 
 
Die Bausteine der Atomkerne, die Nukleonen, sind durch die innere Bindungsenergie der Kerne aneinander gebunden, und zwar je nach Atomsorte unterschiedlich stark. Dabei liegt die maximale Bindungsenergie pro Nukleon etwa bei der Massenzahl 60. Daraus folgen zwei mögliche Wege der Kernumwandlung: Kernenergie kann freigesetzt werden entweder durch Spaltung schwerer Kerne wie Uran (Kernspaltung) oder durch Verschmelzen von leichten Kernen wie Wasserstoff (Kernfusion). Die Fusion von Deuterium und Tritium zu 1 kg Helium setzt rund 120 Mio. kWh frei, die Spaltung von 1 kg Uran (U-235) ca. 23 Mio. kWh. Zum Vergleich: Die Verbrennung von 1 kg Steinkohle liefert eine Energie von etwa 10 kWh.
 
 Kernfusion und Kernspaltung
 
Theoretisch sind mehrere Fusionsreaktionen denkbar. Aus heutiger Sicht scheint die Reaktion von Deuterium (schwerer Wasserstoff, D) und Tritium (überschwerer Wasserstoff, T), wenn überhaupt, technisch am einfachsten realisierbar. Das Grundproblem der Fusion besteht darin, Atomkerne so nahe zusammenzubringen, dass sie verschmelzen. Dem wirkt die elektrische Kraft der Kernladung entgegen, da beide Kerne positiv sind und sie sich dadurch abstoßen. Die Abstoßung lässt sich überwinden, wenn die Teilchen sehr schnell sind, was bei einer sehr hohen Temperatur der Fall ist (Teilchentemperatur etwa 100 Mio. ºC). Solch heiße Plasmen kann man nur durch elektrische und magnetische Felder einschließen. Wegen der dabei auftretenden technischen Schwierigkeiten gibt es bislang kein Verfahren, die Fusionsreaktion kontrolliert zur Energiegewinnung zu nutzen.
 
Bei der Kernspaltung entstehen aus einem schweren Kern in der Regel zwei etwa gleich große Folgekerne, ausgelöst meist durch den »Einfang« eines Neutrons. Neben den Spaltprodukten werden dabei zwei bis drei Neutronen und Energie (ca. 210 MeV) frei. Die freigesetzten Neutronen können weitere Kerne zur Spaltung anregen, also eine Kettenreaktion aufrechterhalten. Genau das geschieht kontrolliert in Kernreaktoren.
 
Mögliche Kernbrennstoffe sind die radioaktiven Schwermetalle Uran (U) und Thorium (Th). Allerdings besteht Natururan nur zu rund 0,7 % aus dem spaltbaren Isotop U-235, der Rest aus dem praktisch nicht spaltbaren U-238. Für eine kontrollierte Kettenreaktion muss im Mittel eines der bis zu drei bei einer Kernspaltung freigesetzten Neutronen eine weitere Kernspaltung auslösen (kritische Kernreaktion). Dafür reicht der natürliche Gehalt an U-235 nicht aus. Deshalb muss man den Spaltstoff auf etwa 3 % anreichern.
 
 Bau und Funktion von Kernkraftwerken
 
In den meistverbreiteten Kernkraftwerken mit Leichtwasserreaktoren dient vor allem Uran als Brennstoff. Kühlmittel ist gewöhnliches, leichtes Wasser (H2O). Der Brennstoff befindet sich in langen, dünnen Brennstäben, die zu Brennelementen zusammengefasst sind. Dazwischen sind Steuerelemente aus Neutronen absorbierendem Material (Bor, Cadmium oder Ähnliches) angebracht. Brenn- und Steuerelemente bilden den Reaktorkern, der von einem mit Wasser gefüllten stählernen Druckbehälter umschlossen ist. Eine Betonkammer mit rund zwei Meter dicken Wänden umgibt das Reaktordruckgefäß, um mögliche radioaktive Strahlung abzuschirmen. Das Wasser hat als Moderator und Kühlmittel eine zweifache Funktion. Als Moderator bremst es die Geschwindigkeit der schnellen Neutronen aus der Kernspaltung ab, wodurch diese andere Kerne zur Spaltung anregen und eine Kettenreaktion in Gang setzen können. Als Kühlmittel nimmt es die Energie der Spaltprodukte (meist Krypton- und Bariumkerne) als Wärme auf. Der damit erzeugte Wasserdampf dreht Turbine und Generator.
 
Als erstes kommerzielles Kernkraftwerk ging 1956 »Calder Hall« in England ans Netz. 1998 gab es weltweit 437 Kernkraftwerke mit einer installierten elektrischen Gesamtleistung von ca. 363 Mio. MW. Sie dienen vor allem der Stromerzeugung in Grundlast.

Universal-Lexikon. 2012.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kernspaltung — Atomspaltung; Fission * * * Kẹrn|spal|tung 〈f. 20; Kernphys.〉 Zerfall eines schweren Atomkerns in zwei Bruchstücke, entweder spontan od. aber durch Neutronenbeschuss od. eine ähnliche Energiezufuhr angeregt * * * Kẹrn|spal|tung: meist durch… …   Universal-Lexikon

  • Kernkraftwerk — Atomkraftwerk; AKW; Atomreaktor; Nuklearmeiler; KKW; Kernreaktor; Atommeiler * * * Kẹrn|kraft|werk 〈n. 11〉 Kraftwerk, in dem die kontrollierte Kernspaltung zur Energiegewinnung eingesetzt wird; Sy Atomkraftwerk * * * Kẹrn|kraft| …   Universal-Lexikon

  • Kernenergie — Atomenergie; Kernkraft; Nuklearenergie; Atomkraft * * * Kern|ener|gie [ kɛrn|enɛrgi:], die; : bei der Kernspaltung frei werdende Energie: die friedliche Nutzung der Kernenergie. * * * 1 der Brutreaktor (schnelle Brüter) [Schema] 2 der… …   Universal-Lexikon

  • Kernfusion — Kernverschmelzung * * * Kẹrn|fu|si|on 〈f. 20〉 1. 〈Kernphys.〉 Kernreaktion, die zur Bildung schwererer Atomkerne aus leichteren unter gleichzeitiger Energieabgabe führt; Sy Kernverschmelzung (1) 2. 〈Biol.〉 = Karyogamie * * * Kẹrn|fu|si|on [↑… …   Universal-Lexikon

  • Kernenergie — Mit Kernenergie, Atomenergie, Atomkraft, Kernkraft oder Nuklearenergie wird die Technologie zur großtechnischen Erzeugung von Sekundärenergie wie elektrischem Strom mittels Kernreaktionen bezeichnet. Kernreaktionen erzeugen mehr Energie pro Masse …   Deutsch Wikipedia

  • Kernreaktor — Atomkraftwerk; AKW; Kernkraftwerk; Atomreaktor; Nuklearmeiler; KKW; Atommeiler * * * Kẹrn|re|ak|tor 〈m. 23〉 Anlage, in der Spaltungen von Atomkernen in einer kontrollierten Kettenreaktion ablaufen u. Energie frei wird; Sy Atommeiler, Atomreaktor …   Universal-Lexikon

  • Erneuerbare Energie — Beispiele der Gewinnung erneuerbarer Energie: Biogas, Photovoltaik und Windenergie Erneuerbare Energien, auch regenerative Energien, sind Energien aus Quellen, die sich entweder kurzfristig von selbst erneuern oder deren Nutzung nicht zur… …   Deutsch Wikipedia

  • Atomanlage — Die Artikel Atomausstieg, Kernenergie und Kernkraftwerk überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Beteilige dich dazu an der Diskussion über diese Überschneidungen. Bitte entferne… …   Deutsch Wikipedia

  • Atomenergie — Die Artikel Atomausstieg, Kernenergie und Kernkraftwerk überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Beteilige dich dazu an der Diskussion über diese Überschneidungen. Bitte entferne… …   Deutsch Wikipedia

  • Atomindustrie — Die Artikel Atomausstieg, Kernenergie und Kernkraftwerk überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Beteilige dich dazu an der Diskussion über diese Überschneidungen. Bitte entferne… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”